5 Fragen an Anja Imig
Wofür brauchen wir Theater?
Um ins Gespräch mit fremden Menschen zu kommen. In ein inneres Gespräch mit sich selber zu kommen. Um lustvoll sperrige Themen zu verhandeln. Rauszukommen.
Um zu lachen.
Zu weinen. Überfordert zu sein.
Wie viele Menschen sind am Gelingen des Jahrmarkttheaters beteiligt?
An der Produktion Patience Camp sind 17 Menschen direkt als Team beteiligt. 3 Menschen sind dauerhaft am Jahrmarkttheater Gelingen dran: Andrea, Thomas und Anja.
 Eine viel größere Gruppe ist das Publikum, welches uns seit 14 Jahren begleitet, immer wieder kommt und ein großes Vertrauen in die Arbeit vom Jahrmarkttheater hat. Sie kommen einfach und sind letztendlich der Kern des Gelingens.
Dann gibt es noch die kleine und feine Gesellschaft der Förderer und Politiker und des Landesverband freier Theater Niedersachsen. Ohne diese öffentliche Unterstützung gäbe es kein Jahrmarkttheater.
Wie hat Corona eure Arbeit beeinflusst?
Corona....
der Fundus ist aufgeräumt, die Werkstatt auch, der Blauwagen wurde gebaut, Scheinwerfer und krasse weitere Dinge sind gefördert worden. Auf der Dingeebene hat das Jahrmarkttheater einen Quantensprung gemacht. 
Ein Jahr kein Publikum zu haben wiederum...
Corona hat nachdenklich gemacht, Selbstverständlichkeiten sind verschwunden. Was heißt Relevanz, was machen wir überhaupt? Wir erfahren nun einen unfassbare Dankbarkeit von Seiten des Publikums, was für ein Geschenk! 
Die Arbeit ist zerbrechlicher geworden, angreifbar. Unsere Arbeit muss mehr denn je etwas zu erzählen haben. 
Corona hat unser Medium gut befragt.
Was werdet ihr in Zukunft anders/besser machen?
Kommunikation und Struktur. Küchendienste und Putzpläne müssen her.
Was bedeutet Zivilisation für dich?
Je länger das Wort in meinem Kopf herumschwirrt, desto wabernder wird der Inhalt. Ist das ein positiver Begriff? Ein verstö- render? Strebe ich sie an? Ein Wort, welches seine Klarheit verliert, je mehr es überlegt wird. Klarheit: Das ist DER Begriff, der für die Gemeinschaft, in der ich lebe, erstrebenswert ist. Aber: Was bedeutet das? Für mich wird es immer mehr zum Wort ohne Bedeutung.

Anja Imig ist die Ausstatterin der Produktionen „Trecker kommt mit“ und „Patience Camp“.

5 Fragen an Verena Hahn
Warum hast du entschieden, dich von den Protagonisten filmen zu lassen?
Die Prepper beschäftigen sich nicht nur mit dem Vorratssammeln, sondern haben auch sehr spezielle Vorstellungen davon, wie Gemeinschaft im Krisenfall organisiert werden soll. Sich selber halten sie dabei für kompetent, um Führungsrollen ein- zunehmen. Ich wollte durch den Kameradreh herausfinden, wie sich ihr Führungsstil konkret in den Anweisungen widerspiegeln, die sie mir geben.
Hast du nach deinem Film selbst begonnen zu preppen?
Nein, aber ich habe seit kurzem einen kleinen Nutzgarten. Die Erbsen darin reichen aber für maximal 2 Mahlzeiten.
Hat sich an deiner Haltung zu Preppern etwas geändert durch deine Recherche?
Mir fehlt im Prepping eine Auseinandersetzung damit, wie Krisen sozial gerecht und mit den Werten einer offenen Gesell- schaft überstanden werden können. Alle drei Prepper distanzieren sich zwar von den rechten Netzwerken in ihrer Szene, nehmen aber ebenfalls Einteilungen in Verbündete und Eindringlinge vor, die bspw. an rechte Dehumanisierungen von Geflüchteten erinnern. Daher finde ich auch in der bürgerlichen Preppingversion keine inspirierenden Antworten darauf, wie wir gesamtgesellschaftlich mit knapper werdenden Ressourcen umgehen können.
Was verbindest du mit dem Jahrmarkttheater?
Vor allem ein sehr engagiertes Publikum, das Lust darauf hat, sich auszutauschen und sich einzumischen.
Was bedeutet Zivilisation für dich?
Mir fällt es schwer, Zivilisation ohne ihren kolonialen Geschichte von Unterdrückung und Vernichtung nicht-Weißer Menschen zu denken. Zivilisation bedeutet auch heute für mich, dass Weiße Menschen Krisen tendenziell weniger ausgeliefert sind als People of Color, dass Technologie und Innovation vor allem Weiße Menschen vor Prekarität schützt. Auch in Krisen die Augen offen zu halten für diese Ungleichheiten, zum Beispiel bei den Schlacht- und Spargelarbeitern, finde ich sel- ber sehr schwierig und unangenehm. Der Begriff „Zivilgesellschaft“ ist für mich da wie eine dringliche, nagende Aufforderung, einen eigenen Beitrag zu leisten: auf die Straße gehen, Geld umverteilen, sich gute Argumente anlesen, den Mund aufmachen.

Verena Hahn ist die Filmemacherin des experimentellen Dokumentarfilms „Deutsche Prepper“.


5 Fragen an Laura Anh Thu Dang und Micha Kranixfeld
Wie definiert ihr Schweigen?
Schweigen ist eine Form des Kommunizierens, die sich nicht erklärt. Es kann ganz leise sein, es kann dröhnen, es kann weh tun und schön sein. Jede*r von uns kennt Schweigen, aber jede*r von uns verbindet damit andere Erfahrungen. Es kann Raum nehmen und Raum geben. Schweigen spiegelt die vorherrschenden Machtverhältnisse wider. Micha: Diese vielen Deutungsmöglichkeiten gefallen uns gut. Laura: Naja, geht so. Zum Start unserer Arbeit haben wir einen Workshop mit dem Publikum des Jahrmarkttheaters gemacht. Darin haben wir mit den Teilnehmer*innen über die verschiedenen Facetten des Begriffs nachgedacht. Einen Teil der Gespräche kann man in unseren drei Hörstücken hören.
Wie seid ihr zum Schweigen gekommen?
Am Anfang stand der Begriff „Zivilisation“, den das Team vom Jahrmarkttheater gesetzt hat und mit dem wir uns kritisch auseinandergesetzt haben. Nach einigem Nachdenken war unsere Antwort, dass wir uns mit Schweigen befassen wollen. Denn zu viele schweigen zu Themen wie Kolonialismus, Rassismus und anderen Diskriminierungsformen, die nicht nur, aber auch unter dem Begriff der vermeintlichen „Zivilisation“ stattgefunden haben.
Für wen ist es sinnvoll, schweigen zu üben?
Micha: Aus meiner Perspektive hat Schweigen viel mit Zuhören zu tun. Das kann allen gut tun, ganz besonders aber jenen, die gerne sehr viel sprechen, z.B. weißen Männern wie mir. Wenn du schweigst, nimmst du dich zurück, aber bitte nicht raus. Laura: Ich würde Micha zustimmen und denke, dass es für jeden Menschen sinnvoll ist, in bestimmten Situationen zu schweigen und in anderen wiederum nicht. So kann Schweigen eine Möglichkeit sein, marginalisierten, traumatisierten und diskriminierten Menschen in einer lauten Gesellschaft, in der wir uns befinden, den Raum zu geben, der ihnen zusteht, ihnen zuzuhören und einen Platz für ihre Gedanken und Perspektiven zu schaffen. Gleichzeitig ist
es wichtig zu lernen, zu Themen wie Kolonialismus, Rassismus und weiteren Diskriminierungsformen nicht zu schweigen, diese klar zu benen- nen und sich aktiv dagegen einzusetzen.
Was bedeutet Zivilisation für euch?
Zivilisation ist für uns kein positiver Begriff. Wir denken dabei an „Eroberung“, Unterwerfung und Kolonialismus, die von Europa ausgingen. Und an alle, die als „unzivilisiert“ galten und darunter leiden mussten. Wir beide arbeiten gemeinsam für eine postmigrantische Gesellschaft und lernen dabei voneinander, aber für manches fehlen uns die Worte.
Was ist das Ziel eurer Arbeit rund um den Schweigebegriff?
Im letzten Teil unseres Hörstücks stellen wir uns die Frage: Worüber wollen wir in Zukunft sprechen? In Bostelwiebeck haben wir eine von vielen Antworten gefunden. Dort wenden wir uns der kolonialen Geschichte der niedersächsischen Landwirtschaft zu. Wir nutzen Sci Fi-Elemente und reisen mit den Hörer*innen durch die Zeit. Wir wollen Lust machen sich in die Geschichte zu stürzen, überraschende Verbindungen zwischen Niedersachsen, China und Peru zu entdecken. Die Auseinandersetzung mit

Laura Anh Thu Dang und Micha Kranixfeld sind die Produzent:innen des Hörstücks „Das Schweigen beim Luftholen“.

5 Fragen an Thomas Matschoss
Wieso erzählt ihr die Geschichte von Ernest Shackleton und seinen Gefährten?
Weil sie genau jetzt erzählt werden muss. Eine Krisenüberwindungsgeschichte, die von gemeinsamer Verantwortung fürs Überleben handelt.
Was zeichnet die Umsetzung „Patience Camp“ beim Jahrmarkttheater aus?
Wärme.
Wie viele Stunden Arbeit stecken hinter diesem Theaterstück?
Das Stück dauert etwa 2 Stunden. Und die Arbeit begann letzten Herbst. Nur meine Arbeitszeit: Lesen 120 Stunden, Schreiben: 100 Stunden. Planen: 100 Stunden. Proben: 200 Stunden. Und der ganze Rest: keine Ahnung.
Spoiler-Alarm: Welche Stelle ist dir die liebste?
Wenn Shackleton sagt: Es hilft (zum Überleben), wenn wir morgens aufstehen und unsere Arbeit tun.
Was bedeutet Zivilisation für dich?
Ist ein Zitat von Bertrand Russell: Zivilisation ist die Fähigkeit von Menschen angesichts einer bloßen Zahl in Tränen auszubrechen.

5 Fragen an Oma Sanne
Wie geht’s?
Na ja, die Frage erübrigt sich bei einer 100 jährigen. Es geht immer gut, weil ich am Leben bin.
Was sagst du zum Jahrmarkttheater Sommer 2021?
Gut, dass es das gibt.
Wie kann man Kritik üben?
Zuhören. zuhören. zuhören. Und dann erst auch mal selbst den Mund aufma- chen.
Was erhoffst du dir von der Zukunft?
Arbeit. Menschen. Berührung.
Was bedeutet Zivilisation für dich?
Na ja, dass wir alle zusammen anpacken, damit es allen zusammen gut geht.



Über die gesamte Dauer des 'Zeltplatz der Zivilisation' verwaltet der überregional bekannte Journalist und Fotograf Philipp Awounou die wichtigsten Postdienste vor Ort. Alles was auf dem Zeltplatz passiert, geht über die Poststelle nach draußen. In persönlichen Briefen, griffigen Telegrammen, ganzen Zeitungsartikeln und mit Fotos begleitet, kommentiert und reflektiert Philipp Awounou das Geschehen. Dadurch bleiben wir nicht nur alle auf dem Laufenden, sondern sind zugleich eingeladen, die eigenen Erlebnisse oder Gedanken in neue Fächer zu sortieren.

Wer regelmäßig aus der Poststelle beliefert werden will, kann die Sendungen unter kontakt@jahrmarkttheater.de abonnieren.
5 Fragen an Anja Imig
Wofür brauchen wir Theater?
Um ins Gespräch mit fremden Menschen zu kommen. In ein inneres Gespräch mit sich selber zu kommen. Um lustvoll sperrige Themen zu verhandeln. Rauszukommen.
Um zu lachen.
Zu weinen. Überfordert zu sein.
Wie viele Menschen sind am Gelingen des Jahrmarkttheaters beteiligt?
An der Produktion Patience Camp sind 17 Menschen direkt als Team beteiligt. 3 Menschen sind dauerhaft am Jahrmarkttheater Gelingen dran: Andrea, Thomas und Anja.
 Eine viel größere Gruppe ist das Publikum, welches uns seit 14 Jahren begleitet, immer wieder kommt und ein großes Vertrauen in die Arbeit vom Jahrmarkttheater hat. Sie kommen einfach und sind letztendlich der Kern des Gelingens.
Dann gibt es noch die kleine und feine Gesellschaft der Förderer und Politiker und des Landesverband freier Theater Niedersachsen. Ohne diese öffentliche Unterstützung gäbe es kein Jahrmarkttheater.
Wie hat Corona eure Arbeit beeinflusst?
Corona....
der Fundus ist aufgeräumt, die Werkstatt auch, der Blauwagen wurde gebaut, Scheinwerfer und krasse weitere Dinge sind gefördert worden. Auf der Dingeebene hat das Jahrmarkttheater einen Quantensprung gemacht. 
Ein Jahr kein Publikum zu haben wiederum...
Corona hat nachdenklich gemacht, Selbstverständlichkeiten sind verschwunden. Was heißt Relevanz, was machen wir überhaupt? Wir erfahren nun einen unfassbare Dankbarkeit von Seiten des Publikums, was für ein Geschenk! 
Die Arbeit ist zerbrechlicher geworden, angreifbar. Unsere Arbeit muss mehr denn je etwas zu erzählen haben. 
Corona hat unser Medium gut befragt.
Was werdet ihr in Zukunft anders/besser machen?
Kommunikation und Struktur. Küchendienste und Putzpläne müssen her.
Was bedeutet Zivilisation für dich?
Je länger das Wort in meinem Kopf herumschwirrt, desto wabernder wird der Inhalt. Ist das ein positiver Begriff? Ein verstö- render? Strebe ich sie an? Ein Wort, welches seine Klarheit verliert, je mehr es überlegt wird. Klarheit: Das ist DER Begriff, der für die Gemeinschaft, in der ich lebe, erstrebenswert ist. Aber: Was bedeutet das? Für mich wird es immer mehr zum Wort ohne Bedeutung.

Anja Imig ist die Ausstatterin der Produktionen „Trecker kommt mit“ und „Patience Camp“.

5 Fragen an Verena Hahn
Warum hast du entschieden, dich von den Protagonisten filmen zu lassen?
Die Prepper beschäftigen sich nicht nur mit dem Vorratssammeln, sondern haben auch sehr spezielle Vorstellungen davon, wie Gemeinschaft im Krisenfall organisiert werden soll. Sich selber halten sie dabei für kompetent, um Führungsrollen ein- zunehmen. Ich wollte durch den Kameradreh herausfinden, wie sich ihr Führungsstil konkret in den Anweisungen widerspiegeln, die sie mir geben.
Hast du nach deinem Film selbst begonnen zu preppen?
Nein, aber ich habe seit kurzem einen kleinen Nutzgarten. Die Erbsen darin reichen aber für maximal 2 Mahlzeiten.
Hat sich an deiner Haltung zu Preppern etwas geändert durch deine Recherche?
Mir fehlt im Prepping eine Auseinandersetzung damit, wie Krisen sozial gerecht und mit den Werten einer offenen Gesell- schaft überstanden werden können. Alle drei Prepper distanzieren sich zwar von den rechten Netzwerken in ihrer Szene, nehmen aber ebenfalls Einteilungen in Verbündete und Eindringlinge vor, die bspw. an rechte Dehumanisierungen von Geflüchteten erinnern. Daher finde ich auch in der bürgerlichen Preppingversion keine inspirierenden Antworten darauf, wie wir gesamtgesellschaftlich mit knapper werdenden Ressourcen umgehen können.
Was verbindest du mit dem Jahrmarkttheater?
Vor allem ein sehr engagiertes Publikum, das Lust darauf hat, sich auszutauschen und sich einzumischen.
Was bedeutet Zivilisation für dich?
Mir fällt es schwer, Zivilisation ohne ihren kolonialen Geschichte von Unterdrückung und Vernichtung nicht-Weißer Menschen zu denken. Zivilisation bedeutet auch heute für mich, dass Weiße Menschen Krisen tendenziell weniger ausgeliefert sind als People of Color, dass Technologie und Innovation vor allem Weiße Menschen vor Prekarität schützt. Auch in Krisen die Augen offen zu halten für diese Ungleichheiten, zum Beispiel bei den Schlacht- und Spargelarbeitern, finde ich sel- ber sehr schwierig und unangenehm. Der Begriff „Zivilgesellschaft“ ist für mich da wie eine dringliche, nagende Aufforderung, einen eigenen Beitrag zu leisten: auf die Straße gehen, Geld umverteilen, sich gute Argumente anlesen, den Mund aufmachen.

Verena Hahn ist die Filmemacherin des experimentellen Dokumentarfilms „Deutsche Prepper“.


5 Fragen an Laura Anh Thu Dang und Micha Kranixfeld
Wie definiert ihr Schweigen?
Schweigen ist eine Form des Kommunizierens, die sich nicht erklärt. Es kann ganz leise sein, es kann dröhnen, es kann weh tun und schön sein. Jede*r von uns kennt Schweigen, aber jede*r von uns verbindet damit andere Erfahrungen. Es kann Raum nehmen und Raum geben. Schweigen spiegelt die vorherrschenden Machtverhältnisse wider. Micha: Diese vielen Deutungsmöglichkeiten gefallen uns gut. Laura: Naja, geht so. Zum Start unserer Arbeit haben wir einen Workshop mit dem Publikum des Jahrmarkttheaters gemacht. Darin haben wir mit den Teilnehmer*innen über die verschiedenen Facetten des Begriffs nachgedacht. Einen Teil der Gespräche kann man in unseren drei Hörstücken hören.
Wie seid ihr zum Schweigen gekommen?
Am Anfang stand der Begriff „Zivilisation“, den das Team vom Jahrmarkttheater gesetzt hat und mit dem wir uns kritisch auseinandergesetzt haben. Nach einigem Nachdenken war unsere Antwort, dass wir uns mit Schweigen befassen wollen. Denn zu viele schweigen zu Themen wie Kolonialismus, Rassismus und anderen Diskriminierungsformen, die nicht nur, aber auch unter dem Begriff der vermeintlichen „Zivilisation“ stattgefunden haben.
Für wen ist es sinnvoll, schweigen zu üben?
Micha: Aus meiner Perspektive hat Schweigen viel mit Zuhören zu tun. Das kann allen gut tun, ganz besonders aber jenen, die gerne sehr viel sprechen, z.B. weißen Männern wie mir. Wenn du schweigst, nimmst du dich zurück, aber bitte nicht raus. Laura: Ich würde Micha zustimmen und denke, dass es für jeden Menschen sinnvoll ist, in bestimmten Situationen zu schweigen und in anderen wiederum nicht. So kann Schweigen eine Möglichkeit sein, marginalisierten, traumatisierten und diskriminierten Menschen in einer lauten Gesellschaft, in der wir uns befinden, den Raum zu geben, der ihnen zusteht, ihnen zuzuhören und einen Platz für ihre Gedanken und Perspektiven zu schaffen. Gleichzeitig ist
es wichtig zu lernen, zu Themen wie Kolonialismus, Rassismus und weiteren Diskriminierungsformen nicht zu schweigen, diese klar zu benen- nen und sich aktiv dagegen einzusetzen.
Was bedeutet Zivilisation für euch?
Zivilisation ist für uns kein positiver Begriff. Wir denken dabei an „Eroberung“, Unterwerfung und Kolonialismus, die von Europa ausgingen. Und an alle, die als „unzivilisiert“ galten und darunter leiden mussten. Wir beide arbeiten gemeinsam für eine postmigrantische Gesellschaft und lernen dabei voneinander, aber für manches fehlen uns die Worte.
Was ist das Ziel eurer Arbeit rund um den Schweigebegriff?
Im letzten Teil unseres Hörstücks stellen wir uns die Frage: Worüber wollen wir in Zukunft sprechen? In Bostelwiebeck haben wir eine von vielen Antworten gefunden. Dort wenden wir uns der kolonialen Geschichte der niedersächsischen Landwirtschaft zu. Wir nutzen Sci Fi-Elemente und reisen mit den Hörer*innen durch die Zeit. Wir wollen Lust machen sich in die Geschichte zu stürzen, überraschende Verbindungen zwischen Niedersachsen, China und Peru zu entdecken. Die Auseinandersetzung mit

Laura Anh Thu Dang und Micha Kranixfeld sind die Produzent:innen des Hörstücks „Das Schweigen beim Luftholen“.

5 Fragen an Thomas Matschoss
Wieso erzählt ihr die Geschichte von Ernest Shackleton und seinen Gefährten?
Weil sie genau jetzt erzählt werden muss. Eine Krisenüberwindungsgeschichte, die von gemeinsamer Verantwortung fürs Überleben handelt.
Was zeichnet die Umsetzung „Patience Camp“ beim Jahrmarkttheater aus?
Wärme.
Wie viele Stunden Arbeit stecken hinter diesem Theaterstück?
Das Stück dauert etwa 2 Stunden. Und die Arbeit begann letzten Herbst. Nur meine Arbeitszeit: Lesen 120 Stunden, Schreiben: 100 Stunden. Planen: 100 Stunden. Proben: 200 Stunden. Und der ganze Rest: keine Ahnung.
Spoiler-Alarm: Welche Stelle ist dir die liebste?
Wenn Shackleton sagt: Es hilft (zum Überleben), wenn wir morgens aufstehen und unsere Arbeit tun.
Was bedeutet Zivilisation für dich?
Ist ein Zitat von Bertrand Russell: Zivilisation ist die Fähigkeit von Menschen angesichts einer bloßen Zahl in Tränen auszubrechen.

5 Fragen an Oma Sanne
Wie geht’s?
Na ja, die Frage erübrigt sich bei einer 100 jährigen. Es geht immer gut, weil ich am Leben bin.
Was sagst du zum Jahrmarkttheater Sommer 2021?
Gut, dass es das gibt.
Wie kann man Kritik üben?
Zuhören. zuhören. zuhören. Und dann erst auch mal selbst den Mund aufma- chen.
Was erhoffst du dir von der Zukunft?
Arbeit. Menschen. Berührung.
Was bedeutet Zivilisation für dich?
Na ja, dass wir alle zusammen anpacken, damit es allen zusammen gut geht.



Über die gesamte Dauer des 'Zeltplatz der Zivilisation' verwaltet der überregional bekannte Journalist und Fotograf Philipp Awounou die wichtigsten Postdienste vor Ort. Alles was auf dem Zeltplatz passiert, geht über die Poststelle nach draußen. In persönlichen Briefen, griffigen Telegrammen, ganzen Zeitungsartikeln und mit Fotos begleitet, kommentiert und reflektiert Philipp Awounou das Geschehen. Dadurch bleiben wir nicht nur alle auf dem Laufenden, sondern sind zugleich eingeladen, die eigenen Erlebnisse oder Gedanken in neue Fächer zu sortieren.

Wer regelmäßig aus der Poststelle beliefert werden will, kann die Sendungen unter kontakt@jahrmarkttheater.de abonnieren.